21.02.2006rss_feed

Neue Herausforderungen für die Rinderzucht

4. Rinder-Workshop 14. und 15. Februar 2006 in Uelzen

Die Diskussion zwischen Wissenschaft und Praxis stand auch in diesem Jahr wieder im Mittelpunkt des 4. Rinderworkshops, der am 14. und 15. Februar 2006 in Uelzen unter der Federführung von Professor Dr. Dr. h.c. mult. Ernst Kalm von der Kieler Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel, der Deutschen Gesellschaft für Züchtungskunde e.V. und der Uelzener Allgemeinen Versicherung veranstaltet wurde.
Diese Möglichkeit wurde von rund 100 Teilnehmern aus Wissenschaft, Ministerien, Zucht- und Besamungsorganisationen und Landeskontrollverbänden sowie der Beratung ausgiebig genutzt. In 24 Vorträgen zu Perspektiven der Milchproduktion, Entwicklung der Leistungsprüfung/Zuchtwertschätzung, Nutzung des Risiko-Managements, Perspektiven der Genomanalyse und der Zuchtprogramme wurden wesentliche, die Milchrinderzucht betreffende Themenbereiche umfassend bearbeitet. Prof. Kalm trug in seiner Zusammenfassung folgende Aspekte zusammen:
Die Perspektiven in der Milchproduktion werden entscheidend von den Erlösen und Kosten sowie von dem noch existierenden Quotensystem beeinflusst. Die Molkereiwirtschaft unterliegt derzeit einem intensiven Strukturwandel, doch das Motto Größe allein darf dabei nicht im Vordergrund stehen. Verwertungserlöse der Milch und Minimierung der Kosten sind auch hier wesentliche Kenngrößen für die Unternehmensentwicklung. Die Quotenregelung wird gerade von jungen, expansionswilligen Landwirten kritisiert, da der Strukturwandel behindert wird. Die Politik setzt auf einen sanften, langsamen Ausstieg, doch eine klare Regelung ist bisher auf EU-Ebene nicht erkennbar.
Die Milchleistung wird aufgrund des genetischen und fütterungstechnischen Fortschrittes deutlich steigen, damit wird die Kuhzahl einschließlich der anteiligen Jungtieraufzucht Futterfläche freisetzen. Das Wachstum wird sich auf Betriebe mit mehr als 80 bzw. 100 Kühen konzentrieren. Eine bundesweite Handelbarkeit der Lieferrechte könnte das Betriebswachstum stimulieren. Minimierung der Kosten wird weiterhin entscheidend für die Betriebe sein.
Für die Züchtung wird die Eiweißmenge bzw. der Eiweißgehalt an Bedeutung gewinnen und dies betrifft auch die züchterisch schwierig zu bearbeitenden funktionalen Merkmale wie Fruchtbarkeit, Gesundheit und Nutzungsdauer.
Im zweiten Block der Themen standen die Erhebung von Leistungsinformationen wie Fruchtbarkeit, Kälberverluste und Klauengesundheit im Mittelpunkt. Neue Konzepte für die züchterische Bearbeitung dieser funktionalen Merkmale sind notwendig und bedürfen einer praktischen Umsetzung. Die exakte Datenerfassung in praktischen Betrieben wird zukünftig wichtiger und die Beteiligten der Zucht müssen die Erfassung von Gesundheitsmerkmalen intensiv voran bringen. Die Landeskontrollverbände, die Zucht- und Besamungsorganisationen und die Wissenschaft sind für die Weiterentwicklung eines aktuellen Monitoringsystems bzw. Datenbankkonzeptes gefordert.
Tierseuchen stellen eine Gefahr für spezialisierte Milchviehbetriebe dar, hier wurden unter dem BegriffRisikomanagement neue Strategien für Unternehmer vorgestellt. Das Tierseuchen-Nachrichten-System liefert schnelle Hinweise über die Risikolagen, leider ist dies System nicht für alle wichtigen Entscheidungsträger zugänglich, hier besteht dringender Handlungsbedarf. Die neuen Konzepte der Versicherungswirtschaft helfen bei der Bewältigung der Risiken in den viehhaltenden Betrieben.

Ein Schwerpunkt in der Rinderzucht liegt in der Bearbeitung von Merkmalen der Gesundheit, dieser Komplex wird seit einigen Jahren erfolgreich mit den Methoden der Genomanalyse bearbeitet. Die neusten Erkenntnisse aus den Genomprojekten in Richtung Marker-gestützte-Selektion werden nur dann umsetzbar, wenn die Typisierungen der potentiellen Zuchttiere von den Zuchtorganisationen auch aktiv betrieben werden. Prof. Kalm appellierte noch einmal an eine konsequente Anwendung. Für die Zukunft der Rinderzuchtprogramme ist diese Umsetzung besonders wichtig. Die neuesten Ergebnisse aus der Forschung des FUGATO-Projektes für die Mastitisresistenz zeigen, dass die Rinderzüchter gemeinsam mit der Wissenschaft auf dem richtigen Weg sind.
Im letzten Themenkomplex ging es um die Weiterentwicklung der Zuchtprogramme beim Milchrind. Ökonomische Gewichte, stationäre Bullenmütterprüfung und Test-herdenmodelle mit dazu gehörigen Datenbankkonzepten sind für die Zuchtplanung der Zukunft aktuelle Ansatzpunkte für die Optimierung. Die Praxis hat diese Themen aufgegriffen und ist auf dem richtigen Wege.

Der Workshop lieferte wertvolle Hinweise und Erkenntnisse und zeigt Perspektiven für die deutsche Rinderzucht, wie die Herausforderungen durch die sich ändernden wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen erfolgreich bewältigt werden können.
Die Vorträge sind in Heft 43 der DGfZ-Schriftenreihe erschienen und können bei der Deutschen Gesellschaft für Züchtungskunde e.V. (DGfZ), Adenauerallee 174, 53113 Bonn, Fax: 0228-223497, Heft 43 info@dgfz-bonn.de, zum Preis von € 10,- incl. Porto angefordert werden.

Quelle: Prof. Dr. Dr.h . c. mult. E. Kalm und DGfZ