Die Zukunftssicherung der Nutztierhaltung wird zur Gretchenfrage
Als Gretchenfrage
bezeichnete der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Dr. Helmut Born, die Zukunftssicherung der Nutztierhaltung in Deutschland. Die Bauern hätten einerseits eine leistungsfähige Tierhaltung aufgebaut, die auch den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt beim Tierschutz weitgehend berücksichtigt. Andererseits ständen die Haltungsbedingungen immer stärker in der öffentlichen Kritik.
Auf der Herbsttagung der Agrarsozialen Gesellschaft in Göttingen machte Born deutlich, dass die Branche mit Stolz auf ein äußerst hohes Leistungsniveau verweisen könne. Rund zwei Drittel der rund 5 Millionen Beschäftigten im gesamten Cluster Lebensmittelwirtschaft in Deutschland erhalten durch unsere Rinder-, Schweine- und Geflügelhaltung die Grundlage ihres Einkommens. Wir sind in Europa die Nummer 1 bei der Milcherzeugung und der Schweinemast und die Nummer 2 in der Rindfleisch- und Geflügelfleischproduktion
, stellte Born fest. Er hob in diesem Zusammenhang das große Know-How der Tierhalter und die gute Infrastruktur für die Veredlungswirtschaft am Standort Deutschland hervor.
Die Tierhalter müssten aber feststellen, dass es auch eine Kehrseite ihrer erfolgreichen wirtschaftlichen Entwicklung gäbe. Vornehmlich in den tierstarken Gebieten Norddeutschlands zeige sich Widerstand gegenüber Stallneubauten - staatlicherseits wie auch aus der Zivilgesellschaft. Haltungsverfahren und Tierarzneimitteleinsatz würden hinterfragt und massiv angeprangert. Die geballte Ladung öffentlich vorgetragener Kritik und Verweigerungshaltung gehe an den Bauernfamilien nicht spurlos vorbei. Doch muss es in der Nutztierhaltung auch in Deutschland möglich sein, die Forderung nach tiergerechten Stallanlagen zu verbinden mit der Forderung nach Hygienestandards und gleichzeitig nach erträglichen Arbeitsbedingungen für die Landwirte und ihre Mitarbeiter
. Born bezog sich in diesem Zusammenhang auch auf die öffentliche Diskussion zur Legehennenhaltung.
Born empfahl, sich der Debatte in der Gesellschaft offensiv zu stellen. Durch verstärkte Forschung und Entwicklung müsse es gelingen, die Kernpunkte der gesellschaftlichen Kritik aufzugreifen. Er zeigte sich deshalb zuversichtlich, dass mit Hilfe der Wissenschaft Alternativen zu heute üblichen Maßnahmen wie dem Kastrieren von Ferkeln, dem Enthornen von Kälbern oder dem Einkürzen von Schnäbeln bei Legehennen und Puten in absehbarer Zeit zur Verfügung stünden. Auch die Weiterentwicklung von Ställen für Schweine und Geflügel müsse konsequent vorangetrieben werden. Bei den Rindern sei es gelungen, die Anbindehaltung durch innovative, erheblich tierfreundliche Ställe zu ersetzen. Born forderte Politiker und Gesellschaft auf, die Nutztierhaltung als wichtigstes Standbein der deutschen Landwirtschaft zwar kritisch zu begleiten, aber gemeinsam mit den Bauern nach Lösungen zu suchen, die allen Beteiligten in der Produktionskette zu ihrem Recht verhelfen würden, genauso wie der Natur und der Umwelt. (DBV)