Ente entschlüsselt: Immun gegen Vogelgrippe?
Wassergeflügel gilt als Reservoir für einige Krankheitserreger, unter anderem für die Viren der Aviären Influenza, der Vogelgrippe. An den niedrig pathogenen Formen erkranken die Tiere nicht, scheiden die Erreger aber aus und können darüber unter anderem auch Haus- und Nutzgeflügel infizieren. Ein internationales Forscherteam unter Mitarbeit des Senckenberg-Naturschutzgenetikers Dr. Robert Kraus hat nun das Genom der Ente entschlüsselt. In einigen Immungenen fanden die Wissenschaftler mögliche Erklärungen, warum Enten weniger empfänglich für die Krankheit sind als Hühner. Die Studie ist gestern im Fachmagazin Nature Genetics erschienen.
Enten spielen weltweit eine große Rolle in der Nahrungsmittelproduktion und sind wichtige Elemente in Süßgewässerökosystemen. Vorfahr der domestizierten Hausente ist die Stockente (Anas platyrhynchos), die weltweit am häufigsten vorkommende Entenart. Für einige Krankheitserreger, wie beispielsweise die Erreger der Vogelgrippe, bildet Wassergeflügel wie die Stockente ein sogenanntes Reservoir. Die Wildvögel verbreiten Krankheitserreger über ihre Ausscheidungen. Es besteht ein Gesundheitsrisiko für Nutzgeflügelbestände, mit denen sie in Kontakt kommen, es drohen Ausbrüche der klassischen Geflügelpest, der sogenannten Vogelgrippe.
Die große Mehrheit der 144 möglichen Subtypen von Vogelgrippeviren ist niedrig pathogen, das bedeutet, sie lösen in der Regel kein gravierendes Krankheitsbild aus. Anders ist das bei den hoch pathogenen Erregern; ein Seuchenausbruch mit diesen Viren führt in Nutztierbeständen zu erheblichen Schäden. Einige dieser Viren sind auch auf andere Spezies wie den Menschen übertragbar und können hier ebenfalls zu schwerer Krankheit bis zum Tod führen.
Ein internationales Forscherteam, bestehend aus Wissenschaftlern der China Agricultural University, Beijing, der School of Veterinary Studies, University of Edinburgh und einer Reihe weiterer Forschungseinrichtungen, darunter das Senckenberg Forschungsinstitut, Fachgebiet Naturschutzgenetik in Gelnhausen, hat in den vergangenen Jahren das Genom der Hausente entschlüsselt. Dabei hat man Hinweise gefunden, warum diese Entenart einerseits ein stabiles Reservoir für niedrig pathogene Vogelgrippeviren darstellt, andererseits aber auch die hoch pathogenen Formen der Vogelgrippe rasant verbreiten kann.
Besonderes Augenmerk legten die Forscher bei der Untersuchung des Enten-Genoms auf die vergleichende Analyse der Immungene mit anderen Vogelarten und Säugetieren. Im Vergleich zu Säugetieren ist das Immunsystem von Vögeln weniger komplex. Bei den Enten zeigten sich aber einige spezifische Veränderungen bestimmter Immungene.
So zeigt der Vergleich zwischen Ente und Huhn, dass vor allem Beta-Defensine (Elemente der angeborenen Immunabwehr), und Butyrophiline, wichtige Proteine bei der Kontrolle von T-Zellen (erworbene Immunabwehr), sich bei Enten ganz anders entwickelt haben als beim Huhn. Versuche zur Genexpression ergaben, dass während der Immunabwehr gegen verschiedene Subtypen des Vogelgrippevirus H5N1 im Lungengewebe der Enten gerade diese beiden Gruppen von Immungenen (Beta-Defensine und Butyrophiline) besonders auffällig reguliert wurden. Hier werden nun weitere Untersuchungen ansetzen, um herauszufinden, wie genau die Enten die Vogelgrippe abwehren.
Das Entengenom zusammen mit der Genexpressionsstudie stellt ein wichtiges Werkzeug dar, um zukünftig noch genauer zu verstehen, wie sich niedrig und hoch pathogene Vogelgrippeviren ausbreiten können
, erläutert Dr. Robert Kraus, Naturschutzgenetiker am Senckenberg Forschungsinstitut Standort Gelnhausen.
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Yinhua Huang et. al.: The duck genome and transcriptome provide insight into an avian influenza virus reservoir species, Nature Genetics (2013) doi:10.1038/ng.2657
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen
www.nature.com/ng/journal/vaop/ncurrent/full/ng.2657.html
Quelle. VBIO