08.09.2009rss_feed

EU: Europa arbeitet weiter an Rinder-Tierschutzstandards

In Brüssel und Straßburg wird weiter an der Entwicklung detaillierter Tierschutzvorschriften für den Rindersektor gearbeitet. So hat eine Arbeitsgruppe des Europarats, der eine eigenständige Institutionist und nichts mit der EU zu tun hat, einen überarbeiteten Entwurf von Tierschutzempfehlungen für Rinder herausgegeben, der einige Vorgaben eines früheren Papiers entschärft. Zudem hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Auftrag der EU-Kommission ein wissenschaftliches Gutachten zum Tierschutz bei Milchkühen vorgelegt.

Darin wird eine Risikobewertung für verschiedene Haltungsformen vorgenommen. Dabei schneidet die Anbindehaltung schlecht ab. Das größte Risiko für Verhaltensprobleme im Zusammenhang mit Stallbauten wird in schlechter Planung und in Anbindeställen gesehen. Was die Bewegungsmöglichkeiten für die Tiere angeht, so halten die Wissenschaftler den Verzicht auf Weidegang für risikobehaftet, jedenfalls wenn er Kühe in Anbindehaltung und Ställe mit Liegeboxen betrifft. Gleichzeitig gesteht die Mehrheit der Experten zu, dass es derzeit nur begrenzte Erkenntnisse darüber gebe, inwieweit die tägliche Dauer der Anbindehaltung mit dem Krankheitsvorkommen in der Herde und mit deren Wohlbefinden insgesamt zusammenhänge. Mehr Studien zu diesem Thema seien notwendig. Allerdings gab eine Gruppe von Wissenschaftlern ein Minderheitenvotum ab, wonach es sehr wohl genügend Anhaltspunkte für schwachen Tierschutz in Anbindeställen gebe. Diese Wissenschaftler empfehlen, dass - von Ausnahmen abgesehen - auf die Anbindehaltung verzichtet werden sollte.

Mit aus Tierschutzsicht vergleichsweise geringen Gefahren behaftet ist laut Gutachten hingegen der gesamte Bereich der Rindergenetik. Kühe mit einem genetisch bedingt hohen Produktionspotential haben aber ein größeres Risiko für Verhaltensprobleme, wenn andere Faktoren wie Stallbau, Ernährung und Herdenmanagement nicht an die Hochleistungskühe angepasst sind.

Der aktuelle Entwurf des Europarates zu Empfehlungen zur Rinderhaltung enthält im Gegensatz zu früheren Versionen viel konkretere Vorgaben zur Haltung von Rindern, etwa zum Platzangebot. Betroffen sind auch Besamungsbullen. Beispielsweise sollen Bullen bis 1.000 kg Lebendgewicht in Boxen von mindestens 16 m2 gehalten werden. Für schwerere Bullen sollte die Liegefläche mindestens 1 m2 je 60 kg Lebendgewicht betragen (das entspricht z. B. 22 qm für einen Bullen von 1.320 kg). Die Fläche zum Liegen und Bewegen sollte 25 m2 je Tier nicht unterschreiten. Die ADR hat sich in einer Stellungnahme gegenüber COPA und dem BMELV gegen derartig konkrete Vorgaben zur Haltung von Besamungsbullen ausgesprochen. Sie verweist dabei auf ein Gutachten von Prof. Dr. Hoy von der Universität Gießen, aus dem hervorgeht, dass solche konkreten Zahlen nicht auf wissenschaftlichen Grundlagen basieren. Als problematisch könnten sich darüber hinaus die Empfehlungen zur Anästhesie beim Enthornen erweisen. (ADR)