29.04.2010rss_feed

FAO beziffert Klimafußabdruck von Milchprodukten auf 2,4 Kilogramm

Laut Berechnungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) werden durch die Herstellung von Milchprodukten im globalen Durchschnitt 2,4 kg Kohlendioxydäquivalent pro Kilogramm an Klimagasen freigesetzt. In einem vorgelegten Bericht der UN-Organisation wird aber zugleich deutlich, dass dabei je nach Haltungsform und Weltregion enorme Unterschiede bestehen, die von 1,3 kg CO2-Äquivalent in Europa und Nordamerika bis 7,5 kg CO2-Äquivalent im südlichen Afrika reichen, während Südasien und der Nahe Osten im Mittelfeld liegen. Insgesamt schnitten Industrie- deutlich besser als Entwicklungsländer ab, wobei auf konkrete Angaben zu einzelnen Staaten verzichtet wird. Im Durchschnitt entstehen bei Weidehaltung laut Erkenntnissen der FAO mehr Treibhausgasemissionen, als wenn die Tiere vor allem im Stall gehalten werden. Im Schnitt beziffert die FAO die Klimagasproduktion bei Weidesystemen auf 2,72 kg CO2-Äquivalent, in gemischten Haltungssystemen hingegen nur auf 1,78 kg CO2-Äquivalent. Konkrete Angaben fehlen auch hier zu einzelnen Staaten wie beispielsweise Neuseeland, die aufgrund günstiger klimatischer Bedingungen stark auf die Weidehaltung setzen. Neuseelands Branchenführer Fonterra hatte den Klimaeffekt seiner Milch im vergangenen Jahr lediglich auf 940 g/l veranschlagt. Dem FAO-Bericht zufolge entfallen auf die Milchwirtschaft einschließlich der damit zusammenhängenden Kalb- und Kuhfleischproduktion rund 4 % der durch den Menschen verursachten Klimagasemissionen. Rechnet man die Fleischerzeugung hinaus, verringert sich der Anteil auf 2,7 %. Ausschlaggebend ist laut den Erkenntnissen der FAO der Methanausstoß der Wiederkäuer, der sowohl in Industrie- wie auch in Entwicklungsländern 52 % zu den Emissionen der Milchwirtschaft beisteuert.

Der Anteil der Lachgasemissionen wird auf 27 % in Entwicklungs- und 38 % in Industrieländern beziffert. Relativ geringes Gewicht haben Verarbeitung und Transport für die Klimagasbilanz von Milchprodukten. Im globalen Durchschnitt entfallen laut dem Bericht auf die Landwirtschaft selbst 93 % des Klimagasausstoßes bei der Vermarktung von Milchprodukten. In Industriestaaten liegt der Anteil mit 78 % bis 83 % deutlich darunter, in Entwicklungsländern erreicht er teilweise deutlich über 90 %. Mit ihren neuen Schätzungen korrigiert die FAO frühere Schätzungen deutlich nach unten. So hatte die Organisation in einem 2006 erschienenen Bericht den Beitrag der Tierproduktion am weltweiten Klimagasausstoß auf 18 % beziffert, ohne allerdings Anteile einzelner Produktionszweige wie beispielsweise der Milchviehhaltung separat auszuweisen.

Zur Senkung der Klimagasemissionen der Milchwirtschaft empfiehlt die FAO Verbesserungen bei der Futtermittelqualität. Zur Debatte gestellt wird auch der Einsatz von Futtermittelzusatzstoffen, die die Mikroflora der Wiederkäuer beeinflussen und zu niedrigeren Emissionen führen können. Einige dieser Zusatzstoffe seien jedoch in der Europäischen Union als Tierarzneien klassifiziert und nicht zugelassen, heißt es in dem Bericht. Die Forschungsarbeit zu Zusatzstoffen gehe weiter. Als wichtigen Beitrag zur Senkung der Klimagasemissionen sieht die FAO eine forcierte Biogasnutzung in der Tierhaltung. Dies könne die Energieeffizienz erhöhen und den Methanausstoß verringern. Insgesamt stellt die UN-Organisation einer intensiven Tierhaltung aus Sicht des Klimaschutzes ein gutes Zeugnis aus. Managementsysteme zugunsten eines hohen Leistungsniveaus führten tendenziell zu niedrigeren Emissionen pro Produkteinheit. Extensive Haltungssysteme mit mehr Tieren führten hingegen zu einem höheren Methanausstoß pro Liter. Die Möglichkeiten zur Reduzierung der Methanemissionen seien in den extensiven Haltungssystemen größer als in der Intensivtierhaltung.

In die Diskussion um den Klimagasausstoß aus der Weidehaltung schaltete sich der Milchindustrieverband (MIV) unter Hinweis auf womöglich überschätzte Lachgasemissionen durch die Viehhaltung ein. Im Gegensatz zu bisherigen Annahmen führe die Viehhaltung in Steppen- und Präriegebieten nicht zu erhöhten Lachgasemissionen. Im Gegenteil, sie reduziere die Abgabe von Lachgas an die Atmosphäre, betonte der MIV unter Hinweis auf Forschungsergebnisse am Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK) bei Untersuchungen in China. Bisherige Kurzzeituntersuchungen übersehen, dass die Abgabe bedeutender Lachgasmengen aus Steppenböden an die Atmosphäre ein natürlicher Prozess ist und ein Großteil der natürlichen Lachgasemissionen auf die Tauperiode im Frühjahr entfallen, betonte Prof. Klaus Butterbach-Bahl vom IMK in Garmisch-Partenkirchen die kürzlich in der Zeitschrift Nature veröffentlichten Ergebnisse. Die Viehhaltung bewirke, dass genau diese Emissionen deutlich zurückgingen. Die durch Beweidung verringerte Grashöhe habe zur Folge, dass Schnee leichter vom Wind weitertransportiert werde und somit die Schneehöhe niedriger bleibe als bei unbeweideten Grasflächen. Einerseits seien beweidete Böden dadurch im langen und kalten Winter schlechter isoliert und daher um bis zu 10 Grad kälter. Andererseits blieben beweidete Steppenböden durch die geringere Schneeauflage in der Tauperiode im März trockener. Kälte und Trockenheit hemmten dann mikrobielle Aktivitäten in der Tauperiode. Als Folge gebe das Erdreich bedeutend weniger Lachgas ab. Gleichzeitig weisen die IMK-Forscher allerdings auch auf die beträchtlichen Methanemissionen durch die Viehhaltung hin.

Quelle: ADR