Genmutation führt zu frühem Tod von Kälbern
Wissenschaftlern der Technischen Universität München (TUM) ist es gemeinsam mit Forschern aus Österreich und der Schweiz gelungen, eine Ursache für wiederkehrende Atemwegserkrankungen und den frühen Tod der Kälber der Rassen Braunvieh und Fleckvieh zu identifizieren. Sie konnten dafür eine Mutation auf dem Chromosom 19 verantwortlich machen, die zu einer Veränderung der Flimmerhäarchen der Atemwege führt. Dies führt letztlich zu einem mangelhaften Abtransport von Sekret aus den Atemwegen und erhöht die Wahrscheinlichkeit, an einer Atemwegserkrankung zu sterben. Damit die Mutation voll wirksam wird, muss sie bei beiden Elterntieren vorliegen. Es ist nun erstmals der Nachweis gelungen, dass die Genmutation wahrscheinlich bereits vor der Aufspaltung in die Rassen Braun- und Fleckvieh entstanden ist
, sagt Wissenschaftler Pausch. Das von ihm koordinierte Team untersuchte die Genom-Sequenzen von 290 ausgewählten Tieren und damit mehrere tausend Gigabyte Daten.
Reaktion der Zuchtverbände
Seit die Ergebnisse der Studie bekannt sind, schließen die Zuchtverbände Träger-Tiere dieser Mutation von der Zucht aus. Hubert Pausch hält diese Entscheidung für sehr radikal
und mittelfristig nicht praktikabel. Er gibt zu bedenken: Jedes Individuum trägt schadhafte Gene in sich.
Für Pausch ist die Strategie der Zuchtverbände aber auch nachvollziehbar: Ein Zuchtstier mit sehr guten Erbanlagen hat zwischen 10.000 und 100.000 Nachkommen und rezessive Varianten wie etwa die Mutation auf Chromosom 19 können sich so rasch in der Population anreichern.
Pausch hält es für wesentlich ratsamer, eine Verpaarung mit Kühen zu vermeiden, die ebenfalls die Genmutation in sich tragen. Denn ein nicht reinerbiges (heterozygotes) Kalb, das nur eine Variante des schadhaften Gens in sich trägt, erkrankt nicht. Momentan werden weibliche Tiere allerdings nicht genotypisiert. Der TUM-Wissenschaftler erwartet hier aber eine baldige Änderung der bisherigen Erfassung. Sobald auch weibliche Tiere flächendeckend genotypisiert sind, kann über genombasierte Anpaarungsstrategien verhindert werden, dass Anlageträger verpaart werden. So ließen sich züchterisch interessante Mutationsträger weiterhin einsetzen, ohne dass reinerbige Nachkommen mit wiederkehrenden Atemwegserkrankungen geboren werden.
Publikation:
An der Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift BMC Genomics, beteiligten sich neben dem TUM-Lehrstuhl für Tierzucht auch Wissenschaftler der Zentralen Arbeitsgemeinschaft österreichischer Rinderzüchter, des Kompetenzzentrums für Informatik & Genetik für Schweizer Zuchtorganisationen und der Rinderkliniken der Wiener und Züricher Universitäten.
Hermann Schwarzenbacher, Johann Burgstaller, Franz R. Seefried, Christine Wurmser, Monika Hilbe, Simone Jung, Christian Fuerst, Nora Dinhopl, Herbert Weissenböck, Birgit Fuerst-Waltl, Marlies Dolezal, Reinhard Winkler, Oskar Grueter, Ulrich Bleul, Thomas Wittek, Ruedi Fries, Hubert Pausch: A missense mutation in TUBD1 is associated with high juvenile mortality in Braunvieh and Fleckvieh cattle, BMC genomics 2016.
DOI: 10.1186/s12864-016-2742-y
www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/kurz/article/33213
Quelle: TUM/DGfZ