Genomische Selektion wird offizielles Zuchtwertschätzverfahren bei Fleckvieh
Für Deutschland und Österreich wird die genomische Selektion wie geplant am 09.08.2011 zum offiziellen Zuchtwertschätzverfahren. Interbull, die offizielle Zertifizierungsstelle für genomische Zuchtwertschätzverfahren mit Sitz in Uppsala, Schweden, teilte am 06.06.2011 mit, dass die neue Methode das Validierungsverfahren in allen Merkmalen bestanden hat. Mit der offiziellen Anerkennung durch Interbull darf nunmehr europaweit mit Samen von Fleckviehbullen gehandelt werden, die genomisch untersucht sind, auch wenn sie noch keine eigenen Nachkommen erzeugt haben. Die genomische Zuchtwertschätzung beim Rind wurde an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), Institut für Tierzucht, gemeinsam mit Kollegen aus Österreich und Baden-Württemberg entwickelt.
Die genomische Selektion beim Rind ermöglicht die Auswahl der genetisch besten Tiere durch die Untersuchung einer einzigen Blut- oder Gewebeprobe. Bereits seit Dezember 2010 wurden genomische Zuchtwerte für Kälber und junge Bullen im monatlichen Rhythmus geschätzt. Dabei wurden bislang zwar schon mehr als 5.700 Jungrinder mit dem neuen Verfahren untersucht, die genomischen Zuchtwerte hatten aber noch inoffiziellen Charakter. Dies ermöglichte zwar die gezielte Selektion der besten Kälber, allerdings durfte Samen ungeprüfter Bullen nicht in Verkehr gebracht werden.
Nach Berechnungen des LfL-Instituts für Tierzucht wird das neue Verfahren den Zuchtfortschritt in der Fleckviehzucht um bis zu 30 Prozent erhöhen. Damit wird die Wettbewerbsfähigkeit der weltweit zweitgrößten zur Milcherzeugung eingesetzten Rinderrasse deutlich verbessert. Befürchtungen, dieser beschleunigte Zuchtfortschritt könne negative Auswirkungen auf die Fitness der Tiere haben, sind nach Untersuchungen der LfL unbegründet. Im Gegenteil schafft das neue Verfahren sogar Spielräume, um die Gesundheit und Langlebigkeit der Tiere weiter zu verbessern.
Auch international stößt die genomische Selektion auf großes Interesse. So wurde ein Kooperationsvertrag mit dem italienischen Fleckviehzuchtverband abgeschlossen, der es den italienischen Züchtern ermöglicht, ihre Tiere in Deutschland untersuchen und Zuchtwerte berechnen zu lassen. Vertragsverhandlungen mit dem tschechischen Fleckviehzuchtverband für eine Beteiligung an der genomischen Selektion stehen kurz vor dem Abschluss. (LFL)