Pflanzengene mit Licht steuern
Eine neue optogenetische Methode erlaubt das gezielte Ein- und Ausschalten von Genen in Pflanzenzellen bei normalem Tageslicht.
Es ist ein Lichtschalter der besonderen Art, den Biologen der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und der Universität Freiburg gemeinsam mit britischen Partnern für die Pflanzenforschung entwickelt haben: Anders als im Haushalt wird nicht etwa Licht mittels eines Schalters aktiviert, sondern das Licht ist der Schalter, der in Pflanzenzellen bestimmte Gene aktiviert. PULSE heißt die Methode, die die beiden Teams nun im Fachjournal "Nature Methods" vorgestellt haben.
Lichtbedarf erschwert Optogenetik bei Pflanzen
In der Optogenetik geht es darum, biologische Prozesse mittels Licht zu steuern. Dieses Vorgehen ist in der Forschung bislang vor allem bei Zellen von Säugetieren, Hefen und Bakterien etabliert. Bei Pflanzen ist die Methode bisher selten, weil geeignete optische Schalter fehlen. Der Grund dafür ist einfach: Pflanzen benötigen das Licht für ihr Wachstum, sodass ein lichtabhängiger Schalter permanent eingeschaltet wäre.
Monochromes Rotlicht als Anschalter
Mit den Plant Usable Light-Switch Elements
(PULSE) haben die Düsseldorfer und Freiburger Teams nun ein Werkzeug entwickelt, das sich parallel zum natürlichen Tag-Nacht-Zyklus von Pflanzen einsetzen lässt. Es beruht darauf, dass ein sehr schmaler Wellenlängenbereich des roten Lichts als Anschalter dient und das Tageslicht als Ausschalter. Bestrahlen die Forscher die Pflanzenzellen mit dem roten Licht, aktivieren sie ein bestimmtes Gen, das mit dem Schalter gekoppelt wurde. Der blaue Anteil des Tageslichts stoppt die Genaktivität. So lässt sich genau beobachten, wie sich das jeweilige Gen in der Zelle auswirkt.
Biologische Signalnetzwerke verstehen
PULSE führt die überlegenen Vorteile der Optogenetik in Pflanzen ein
, verspricht Matias Zurbriggen von der Universität Düsseldorf. Das System ist vollständig reversibel, es erreicht eine hohe Dynamik und zeitliche Auflösung.
Die Steuerung zellulärer Prozesse mit hoher räumlich-zeitlicher Auflösung helfe, die Dynamik biologischer Signalnetzwerke quantitativ zu verstehen und biotechnologische Anwendungen zu entwickeln.
Stoffwechselprozesse gezielt beeinflussen
Neben Beobachtungen ermöglicht die Methode auch gezielte Eingriffe in den Stoffwechsel der Pflanzen. So ist es den Forschern gelungen, bei der Ackerschmalwand und bei Tabak die Immunantwort der Pflanzen zu verändern. Das optogenetische Werkzeug erlaubt, die Ausprägung wünschenswerter Eigenschaften bei einer Pflanze quasi zu programmieren
, schildert Rüdiger Simon von der Universität Düsseldorf. Damit könne PULSE das optogenetische Instrumentarium für die Pflanzenforschung erheblich erweitern und es in Zukunft erleichtern, gezielt biologische Prozesse wie Differenzierungs- und Entwicklungsprozesse, Hormonsignalwege und Stressantworten zu untersuchen und zu manipulieren.
(Bioökonomie.de)