Präsident von acatech zur Zukunftsfähigkeit Deutschlands
Die Frage nach den Herausforderungen des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorts Deutschlands stand im Mittelpunkt der Sitzung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am 24.02.2021. Dieter Spath, Präsident der acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, sagte: Unsere Mission ist die Zukunftsfähigkeit des Landes.
Die Akademie betreibt im Auftrag von Bund und Ländern wissenschaftsbasierte Politik- und Gesellschaftsberatung zur Förderung der Innovationskraft in Deutschland und setzt sich für nachhaltiges Wachstum durch Innovation ein. Die Akademie wolle ein Transmissionsriemen
für die Umsetzung von technischen Neuerungen sein, unterstrich Spath, der einer von zwei Präsidenten der Akademie ist. Die Akademie fördere ein starkes Wissenschaftssystem, setze sich aber auch für die Stärkung der Forschung in die Anwendung ein. Am Ende müssten Ideen erfolgreich in der Wirklichkeit werden, erst dann könne man von Innovation sprechen.
Der Akademie gehören 604 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und anderen Organisationen an. Die Mehrheit der Wissenschaftler kommt aus den Ingenieur- und den Naturwissenschaften, viele aber auch aus der Medizin sowie aus den Geistes- und Sozialwissenschaften. Die Aufnahme neuer Mitglieder erfolge aufgrund herausragender wissenschaftlicher Leistungen, betonte Spath. Zu den Wissenschaftlern kämen 125 Senatorinnen und Senatoren hinzu, die technologieorientierte Unternehmen, Verbände und die großen Wissenschaftsorganisationen repräsentieren. So würden auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft in technikbezogenen Zukunftsfragen Wirtschaft, Politik und Verbände beraten. In den Projekten und auf den Plattformen würden diese Akteure gezielt zusammengeführt und Grundlagen für gesellschaftliche Debatte geschaffen, beschrieb Spath die Arbeit der Akademie und sagte: Wir verstehen uns als Arbeitsakademie.
Wie nachhaltig acatech die Debatte um Innovation und die Wirkungsmacht für eine Zukunftsagenda bestimme, machte der Präsident an einem Beispiel deutlich. Der Terminus Industrie 4.0 sei von acatech als Begriff und Innovationsidee erfunden worden: Der Begriff hat sich mittlerweile zum internationalen Leitbild entwickelt
.
In seinem Vortrag ging Spath auf verschiedene Innovationsbranchen ein, so auch auf das große letztlich aus Umweltsicht bislang ungelöste Thema Mobilität. Die Vernetzung von Daten und ein Mix umweltfreundlicher Antriebe sei ein Schlüssel für die Mobilität von morgen, betonte Spath. Er verwies auf die Nationale Plattform Zukunft der Mobilität
, die die Akademie moderiere und die seit September 2018 auch die Politik in Bund und Ländern berate. Dort würden verschiedene Akteure einen Weg in eine bezahlbare, nachhaltige und klimafreundliche Mobilität diskutieren. Dieses reiche bis hin zu Fragen der Sektorkopplung in der Energieversorgung.
Spath erinnerte daran, dass vor der Pandemie der Klimaschutz die Schlagzeilen beherrscht habe, und unterstrich, dass man bei dem Thema Klimawandel keine Zeit verlieren dürfe. Dabei erwähnte er die Initiative Energiesysteme der Zukunft (ESYS), in der sich neben acatech verschiedene Wissenschaftsakademien für eine nachhaltige, sichere und bezahlbare Energieversorgung einsetzen. Wir entwickeln Optionen für klimafreundliche Energiesysteme die wirtschaftlich tragfähig und gesellschaftlich akzeptabel sind.
Dabei untermauerte Spath auch die gesellschaftspolitische Dimension von Klimaschutz . Oft gehe es im Klimaschutz um Vermeiden, um weniger Autofahren, weniger Fleisch essen und um Strom sparen. Dies seien wichtige Ziele. Um grundsätzliche Verhaltensänderungen der Bevölkerung zu erreichen, müsse man aber auch fragen, wie man auf Basis technischer Entwicklungen positive Zielvisionen entwickeln könne. Wirtschaft und Zivilgesellschaft müssten hierbei stärker mit eingebunden werden. Als Vision beschrieb er eine umfassende Kreislaufwirtschaft. Es reiche längst nicht mehr, Abfälle zu recyceln, sondern die Produkte müssten auch reparierbar, wiederverwendbar und langlebig werden.
Auch die aktuelle Situation in der Pandemie thematisierte Spath. Gerade jetzte spiele die Wissenschaftskommunikation eine herausragende Rolle. Wissenschaftler seien wie nie gefordert, Wissen von hoher Komplexität zu kommunizieren. Dadurch seien der Öffentlichkeit auch die wissenschaftlichen Standards deutlich geworden, aber auch das Lernen und die Vorläufigkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse. Wissenschaft liefert Handlungsoptionen und damit die Basis für politische Willensbildung und Entscheidung.
Spath ging vor dem Ausschuss auch auf die Nachwuchsförderung ein. Er zeigte sich besorgt, dass die Förderung im MINT-Bereich - damit sind die Fächer Mathematik, Informatik, Natur- und Ingenieurwissenschaft und Technik gemeint - trotz vieler Initiativen gerade bei Mädchen und jungen Frauen nicht vorankäme. Spath regte an, mehr Förderung in den Grundsystemen, also in Kitas und Schulen, zu etablieren und zu ermöglichen.
Quelle: Dt. Bundestag