27.10.2015rss_feed

Schnabelkürzen ade - gemeinsam gegen Federpicken

Beratung annehmen, Austausch schätzen und Neues probieren: So lautet die Devise einer Beratungsinitiative zur Legehennenhaltung. Und sie meldet Erfolge: Futterautomaten und Beschäftigung sind nur Teilaspekte, die Federpicken und Kannibalismus verhindern. Für noch bessere Folgenabschätzung fördert das BMEL nun ein neues Forschungsprojekt.


Bernhard Brand betreibt in Dersum, Niedersachsen, eine Legehennenhaltung mit großzügigem Freigelände und je einem Wintergarten pro Stall. In diesem hat er Futterautomaten installiert, die mit hofeigenem Weizen gefüllt sind. Daran können die Hennen ihr Pickverhalten ausüben.

Die Teilnahme an einer regionalen Initiative brachte Brand zu der Entscheidung, unkupierte Hennen einzustallen. Seine Erfahrungen waren durchweg positiv: Es gab bisher kein Auftreten von Federpicken oder Kannibalismus. Die Tiere werden im Betrieb Brand generell nur aus einer Aufzucht zugekauft. Darin sieht der Landwirt einen möglichen Grund, warum bisher keine Herde auffällige Verhaltensstörungen entwickelte.

Beratung hilft, früh und angemessen zu reagieren

Bernhard Brand bringt seine Erfahrungen aus insgesamt vier Durchgängen mit ungestutzten Tieren mit in eine Beratungsinitiative des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) ein. Darin haben 20 teilnehmende Betriebe die Möglichkeit, unter Begleitung von Tierschutzberaterinnen und -beratern der Landwirtschaftskammer Niedersachsen Erfahrungen mit unkupierten Legehennen zu sammeln oder die Umstellung auf die Haltung unkupierter Tiere durch Optimierung des Herdenmanagements vorzubereiten.

Die hohe Besuchsfrequenz und der betriebsfremde Blick der Berater bieten Chancen, Fehlentwicklungen schnell zu erkennen und das Herdenmanagement anzupassen. Probleme bei der Bestellung unkupierter Hennen hatte bisher kein Betrieb – die angefragten Brütereien reagierten flexibel auf die Nachfrage.

Wissenschaftler gehen den Ursachen auf den Grund

Wie wirkt sich der Verzicht auf das Schnabelkürzen in Aufzucht- und Legehennenbetrieben auf die Gesundheit der Tiere aus? Und wie steht es dabei um die Wirtschaftlichkeit des Betriebs? Seit dem 1. August 2015 fördert das BMEL über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) ein Forschungsprojekt, das sich diesen Fragen widmet. Das Lehr-, Versuchs- und Fachzentrum für Geflügel der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft will auf diese Fragen in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft der Fachberater für Geflügelwirtschaft bundesweit gültige, aussagekräftige Ergebnisse liefern.

Tierschutzindikatoren sollen Medikamenteneinsatz verringern

Dazu erfassen die Wissenschaftler Daten von über 100 Betrieben und Durchgängen mit Schnabel kupierten und nicht-kupierten Legehennenherden. Sie erheben bundeseinheitliche Parameter nach identischen Beurteilungsschlüsseln und Kriterien wie Federverlust, Hautverletzungen oder Einstreuqualität, um den Effekt verschiedener Genetiken, Futterregime, Lichtprogramme und weiterer Gegebenheiten einschätzen zu können. Durch die gleichzeitige Ermittlung der Leistungsdaten und Produktionskosten sollen Tierschutzindikatoren erarbeitet werden, die den Landwirten helfen, ihren Bestand ohne Medikamenteneinsatz und mit geringeren Verlusten wirtschaftlich nachhaltig zu organisieren.

Hintergrund

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt und Vertreter der Geflügelwirtschaft haben den Ausstieg aus dem routinemäßigen Schnabelkürzen bei Legehennen und Mastputen besiegelt. Die Vereinbarung ist ein zentraler Baustein der Tierwohl-Initiative Eine Frage der Haltung. Dabei verpflichtet sich die Geflügelwirtschaft ab dem 1. August 2016 bei Legehennen keine Schnäbel mehr zu kürzen. Ab dem 1. Januar 2017 soll zudem auf die Einstallung von schnabelgekürzten Junghennen verzichtet werden.

Teil der Tierwohl-Initiative sind die Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) Tierschutz. Der erste Schwerpunkt dieser MuD sind acht Beratungsinitiativen, von denen sich zwei mit dem Thema Federpicken und Kannibalismus bei Legehennen befassen.

Quelle: BLE