21.03.2019rss_feed

Sociallab Nutztiere: Abschlussprojekt wurde vorgestellt

Gesellschaftliche Kritik an der Tierhaltung besser verstehen

Der Wunsch nach mehr Tierwohl steht in der deutschen Bevölkerung weit oben. Für die meisten Menschen hat das Tierwohl einen höheren Stellenwert als Umweltziele, arbeitswirtschaftliche Ziele der Betriebe oder selbst Aspekte der Arbeitssicherheit. Für die letztgenannten Bereiche wird von der Landwirtschaft erwartet, dass sie Lösungen findet. Das sind wesentliche Erkenntnisse aus dem Verbundprojekt SocialLab, an dem acht Forschungseinrichtungen unter Federführung des Braunschweiger Thünen-Instituts (TI) für Marktanalyse beteiligt waren.

Ziel des Verbundprojektes war es, die bestehende gesell­schaftliche Kritik an der Nutztierhaltung und ihrer Ent­wicklung differenziert zu durchdringen. Die Erkenntnisse aus dem Projekt liefern wichtige Hinweise zum Gelingen des gesellschaftlichen Diskurses über die Weiterentwick­lung der Branche.

So konnte mit einem innovativen Methoden-Mix erstmals für Deutschland das Konfliktfeld Gesellschaft-Landwirt­schaft am Beispiel der Tierhaltung wirklich umfassend beleuchtet werden. Die Ergebnisse, die in zahlreichen Fachartikeln umfas­send dargelegt wurden, lassen keine kurzfristige Lösung erwarten. Es handelt sich um ein klassisches Wicked Problem, ein sogenanntes böses Problem, ein in viel­fältiger Form verwobenes Knäul von ökonomischen, psychologischen und soziologischen Ursache-Wirkungs­beziehungen auf unterschiedlichen Politikebenen, was eine lineare Problemlösung erschwert.

Die zunächst naheliegende Lösung einer Informations­politik, die über die Realitäten der landwirtschaftlichen Tierhaltung aufklärt, reicht sicher nicht aus. In einer urba­nen Gesellschaft bleibt das Wissen der Bürger trotz inten­sivierter Medienberichterstattung begrenzt. Es gehört zum Wesen der Demokratie, dass die Bürger gleichwohl auf Basis unvollständiger Informationen Bewertungen vornehmen. Dabei ist Vertrauen ein ausschlaggebender Faktor, über den die Landwirte im direkten Dialog zwar vielfach verfügen, der aber systemisch betrachtet gering ausfällt. Die Diskursprozesse, z. B. in den durchgeführten Gruppendiskussionen zwischen Bürgern und Landwir­ten, zeigen dagegen Potenziale für Annäherungen. Die große Diskrepanz zwischen den tief verankerten Bildern von Massentierhaltung und Museumslandwirtschaft ist jedoch nicht einfach zu überbrücken. Der Weg zu einem neuen Gesellschaftsvertrag für eine landwirtschaftliche Tierhaltung der Zukunft ist weit und bedarf innovativer Kommunikations- und Diskursformate.

Landwirte wie Verbraucher tendieren heute nicht sel­ten zu Entlastungsmechanismen und zu stark verkürz­ten Heuristiken. Bestehende Institutionen im Markt wie z. B. vorhandene Label haben sich bisher nur als begrenzt hilfreich erwiesen. Innovative, risikofreudigere Maßnah­men wurden auch von anderen Akteuren wie z. B. dem Lebensmittelhandel zu wenig genutzt, sind aber notwen­dig. Dem Handel, der täglich mit den Verbrauchern am Point-of-Sale kommuniziert, kommt dabei eine erhebli­che Verantwortung und Bedeutung zu.

Das Team von SocialLab

Quelle: top agrar/AgE