Verbände-Allianz für die Zukunft des Lebensmittelsektors
Agrarstandort Deutschland: Gemeinsam für eine starke deutsche Landwirtschaft
Gemeinsame Positionierung des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV), des Deutschen Bauernverbands (DBV) und des Bundesverbands des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) zur Bundestagswahl 2025
Eine klare Kennzeichnung in Deutschland erzeugter Produkte erleichtert den Verbraucherinnen und Verbrauchern eine bewusste Wahl und stärkt unsere Landwirtschaft. Die Lebensmittelkette hat im Rahmen der Zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft e.V. (ZKHL) nach umfassender Vorbereitung bereits im Jahr 2024 eine umfangreiche Herkunftskennzeichnung deutscher Erzeugnisse eingeführt. DRV, DBV und BVLH sind bereit, das Wissen und die Erfahrung der ZKHL in die politische Debatte einzubringen und mit staatlichen Institutionen die Zusammenarbeit der Systeme zu erörtern.
Gleichzeitig unterstützen wir neue politische Initiativen bspw. für ein Agrar-Marketing zur Förderung heimischer Produkte. Außerdem müssen Innovationshemmnisse abgebaut werden, um den großen Investitionsstau in der Agrar- und Ernährungswirtschaft abzubauen. DRV, DBV und BVLH fordern verlässliche Nutzen-Risiko-Abwägungen und einen wissenschaftlich basierten Umgang mit Methoden der nachhaltigen Landwirtschaft statt pauschaler Verbote.
Wettbewerbsstärkung: Gemeinsam für eine verantwortungsvolle soziale Marktwirtschaft
Die Lebensmittelkette in Deutschland erzeugt ein besonders hohes Maß an Verbraucherwohlfahrt, insbesondere dort, wo sie nach den marktwirtschaftlichen Prinzipien von Angebot und Nachfrage operiert. Die aktuellen Strukturen in der Lebensmittelkette bieten im internationalen Vergleich hohe Effizienz und Nachhaltigkeit, sind aber nicht frei von Herausforderungen. Bei Folgenabschätzungen und Wettbewerbsbeobachtungen mit Blick auf Regulierungsvorhaben gilt es, ein realistisches Bild der komplexen Lebensmittelkette zu zeichnen. Die Politik soll sich deshalb zunächst aktiv und hochrangig um die Standardisierung und Weiterentwicklung von privatwirtschaftlichen Initiativen zur Lösung struktureller Herausforderungen bemühen. Damit soll vermieden werden, gesetzgeberisch dysfunktional einzugreifen, weil die Wertschöpfungskette in Ihrer Gesamtheit nicht im Blick behalten wird.
Die Verbände-Allianz bietet der Politik an, im Rahmen einer notwendigen Entbürokratisierung innerhalb der Lebensmittelkette über effizientere Prozesse zur Wahrung des Wettbewerbs zu beraten, so können zum Beispiel Schiedsgerichtsstellen in privatwirtschaftlichen Initiativen die Stärkung des Wettbewerbs komplementieren.
Bürokratieabbau: Gemeinsam wachstumshemmende Fesseln lösen
Wirtschaftliche Prosperität ist die Basis für Entwicklung und Wohlstand. Die zunehmende Bürokratie und zusätzliche Berichtspflichten bspw. durch LKSG oder EUDR unterminieren den wirtschaftlichen Erfolg. Indem Auflagen und Dokumentationspflichten spürbar reduziert werden, wird eine ganz neue wirtschaftliche Dynamik entfacht. Die Unternehmen und Organisationen der Lebensmittelkette übernehmen umfassend Verantwortung für ihr Handeln. Recht und Gesetz sind zentrale Leitplanken aller Aktivitäten. Dabei muss jede Stufe für sich verantwortlich sein. Sorgfalts- und Berichtspflichten können nur effizient bewältigt werden, wenn wieder das Prinzip der Stufenverantwortung greift, das seit Jahrzehnten gelebte und wirkungsvolle Praxis ist. Gleichzeitig muss ein verlässliches System der Absicherung durch starke Zertifikate (Safe Harbour
-Regelungen) ermöglicht werden. Auch die interne Bürokratie innerhalb der Lebensmittelkette gilt es konsequent zu reduzieren.
Die Jahresberichte des Normenkontrollrats zeigen, dass die Erfüllungsaufwände immer weiter steigen. Es ist unerlässlich, den konsequenten Bürokratieabbau und eine Verschlankung der Verwaltung entschieden anzugehen und praxisnahen und unabhängigen Sachverstand einzusetzen, um hier endlich und entschlossen voranzukommen.
Nutztierhaltung: Gemeinsam für den Tierschutz
Es braucht einen praxisnahen und effizienten Umbau der Tierhaltung und eine klare Kennzeichnung der Haltung bei tierischen Produkten. Die Initiative Tierwohl und die Haltungsform-Kennzeichnung des Handels geben den Verbraucherinnen und Verbrauchern schon jetzt umfänglich Orientierung. Die zugrundeliegenden Prozesse garantieren effiziente Verwaltungs- und Kontrollstrukturen, um Tier- und Verbraucherschutz wirksam zu stärken. DRV, DBV und BVLH fordern, das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz schnellstmöglich praxistauglich zu novellieren und auf eine einheitliche Grundlage mit den privatwirtschaftlichen Initiativen zu stellen. Es ist wichtig, eine Erweiterung der Kennzeichnung auf alle relevanten Vertriebswege und Tierarten in Anlehnung der privatwirtschaftlichen Initiativen voranzutreiben. Hierzu ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft erforderlich, um z.B. eine Benachteiligung von tierischen Erzeugnissen aus deutscher Produktion zu verhindern.
Die Politik sowie die Teilnehmer der Lebensmittelkette sollen Kriterien auf Augenhöhe und einvernehmlich vereinbaren. Wenn der langfristige Umbau der Tierhaltung durch Anhebung ordnungsrechtlicher Standards politisch und gesellschaftlich gewollt ist, kann dies nur durch eine langfristige und vernünftig finanzierte staatliche Unterstützung gelingen. Produktionsverlagerungen mit zum Teil niedrigeren Standards ins Ausland müssen verhindert werden.
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen: Gemeinsam für mehr Wirtschaftswachstum
Steuerliche Anreize können gezielt genutzt werden, um die Resilienz der landwirtschaftlichen Erzeuger zu steigern. Die Risikoausgleichsrücklage ist hier ein Instrument zur unternehmerischen Krisenvorsorge.
Die hohe Qualität der Produkte der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft ist weltweit gefragt. Exportmärkte können den landwirtschaftlichen Erzeugern eine höhere Wertschöpfung sichern. Eine auf Extensivierung der Produktion ausgerichtete Agrar- und Ernährungspolitik verhindert, dass die Chancen im europäischen Binnenmarkt und darüber hinaus genutzt werden können. Die deutsche Agrar- und Ernährungswirtschaft zeichnet sich jetzt schon durch ein hohes Level an Klimaschutz aus. Innovationen bieten hier weitere Potenziale, wie z.B. die Digitalisierung im präzisen Pflanzenbau.
Die Festlegung der Höhe des Mindestlohns muss unbedingt in der Verantwortung der Tarifpartner bleiben. Der Einsatz von Saisonarbeitskräften auch aus Drittstaaten muss helfen, den Mangel an Arbeitskräften in der Agrar- und Ernährungswirtschaft zu mildern.
Regulierungsabbau braucht es insbesondere im Bereich der Logistik, hierzu gehören u.a. bundeseinheitliche Lösungen für LKW-Überbreiten, -Übergrößen, Gewichtsbegrenzungen und zur Bekämpfung des Fahrermangels.
Europäischer Binnenmarkt: Gemeinsam für ein europäisches Level Playing Field
DRV, DBV und BVLH fordern, bei der nationalen Umsetzung von EU-Regelungen nicht über die ursprünglichen Vorgaben hinauszugehen (goldplating
), um keine Wettbewerbsverzerrungen im europäischen Handel zu erzeugen und einen echten und einheitlichen EU-Binnenmarkt zu gewährleisten (Level Playing Field). Auf diese Weise wird die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Betriebe und Unternehmen signifikant gestärkt. Grundsätzlich sollten EU-einheitliche Regelungen angestrebt werden, statt nationale Alleingänge zu verfolgen.
Der verantwortungsvolle Umgang mit Pflanzenschutz ist Teil der Lösung. Hier müssen Genehmigungsverfahren gestrafft (z.B. durch nur noch eine effiziente Zulassungsbehörde) und europaweit vereinheitlicht werden. Moderne Züchtungsmethoden müssen wissenschaftsbasiert und zügig zum Einsatz kommen.
Wir schätzen Lebensmittel
Der sorgsame Umgang mit Lebensmitteln ist eine zentrale Aufgabe aller Akteure entlang der Lebensmittelkette. Wirtschaft, Verbraucherinnen und Verbraucher, Wissenschaft und Politik sollen geschlossen und faktenbasiert zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen beitragen. Die Einführung der Rechtsfigur des karitativen Lebensmittelunternehmers" kann hemmende Haftungsrisiken minimieren und die Abgabe an karitative Organisationen signifikant erleichtern.
Berlin, Januar 2025
Franz-Josef Holzenkamp, Deutscher Raieisenverband e.V.
Joachim Rukwied, Deutscher Bauernverband e.V.
Björn Fromm, Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels e.V
Quelle: DRV