In der Stellungnahme wird auf die drohenden negativen Auswirkungen der Änderungen auf die biologische Vielfalt der einheimischen Nutztierrassen eingegangen.
Am 24. Mai 2024 hat das Bundeskabinett den Entwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes beschlossen. In Teilen können die geplanten gesetzlichen Änderungen nach Einschätzung des Fachbeirates Tiergenetische Ressourcen massive negative Auswirkungen auf vom Aussterben bedrohte einheimische Nutztierrassen und damit auf die biologische Vielfalt hervorrufen. Die Erhaltung einheimischer Nutztierrassen in Reinzucht und damit deren genetischer Vielfalt wird auch von der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) als Grundlage angesehen, um auf zukünftige Herausforderungen wie z. B. den Klimawandel, die Umstellung auf andere Produktionssysteme oder sich ändernde Verbrauchergewohnheiten reagieren zu können. Vor diesem Hintergrund sieht der Fachbeirat Tiergenetische Ressourcen akuten Handlungsbedarf, um auf nachfolgende Punkte im neuen Gesetzesentwurf hinzuweisen, durch die eine signifikante
Reduktion der biologischen Vielfalt induziert wird.
Zur Stellungnahme:
Ein Autorenteam des Genetisch Statistischen Ausschusses (GSA) der DGfZ hat sich unter der Leitung von Prof. Dr. Kay-Uwe Götz mit dem Inhalt und den Argumentationen des BTK-Diskussionspapier Leistungen der Milchkühe und deren Gesundheitsrisiken
der Arbeitsgruppe Tierschutz in der Nutztierzucht
kritisch auseinandergesetzt und äußert sich in seiner Stellungnahme insbesondere zu
wertlosenBullenkälbern
Qualzucht
Die Stellungnahme der DGfZ finden Sie hier:
Vor dem Hintergrund zunehmender gesellschaftlicher Kritik an die landwirtschaftliche Tierhaltung hat die DGfZ ein Autorenteam unabhängiger Tierzuchtwissenschaftler gebeten, ihre Ansätze zu einer gesellschaftlich akzeptierten Tierzucht mit dem Ziel vorzustellen, den Prozess des Dialoges verschiedener Standpunkte lösungsorientiert und mit Zukunftsperspektive zu fördern. Die nachfolgenden Gedanken und Thesen stellen ausdrücklich die Einschätzungen des Autorenteams als Grundlage weiterer Diskussionen dar.
Für nahezu alle Merkmale der Gesundheit, der Fitness, der Robustheit und des Wohlergehens von Nutztieren gilt, dass sie überwiegend durch die jeweilige Umwelt bestimmt werden. Das Genom ist, wenn auch in sehr unterschiedlichem Maße, an der Ausprägung bzw. Prädisposition der genannten Merkmalskomplexe beteiligt. Tierzüchterische Anstrengungen zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlergehen sind sinnvoll und sogar besonders nachhaltig, weil tierzüchterische Verbesserungen der Gesundheit ganzer Populationen kumulativ wirken.
Dabei darf sich die Haltung und Züchtung von zur Erzeugung von Lebensmitteln gehaltenen Tieren nicht dem Diskurs in der Gesellschaft entziehen. Kontinuierlich sind Diskussionen darüber nötig, was die Gesellschaft für akzeptabel hält und was nicht. Alle Diskussionen sind aber auch in einen volks- und betriebswirtschaftlichen Kontext einzubetten, da weitere Anstrengungen auf dem Gebiet der Gesundheit und des Wohlergehens von Nutztieren nicht dazu führen sollten, die deutsche Landwirtschaft in einem globalen Wettbewerb mit offenen Märkten ins Abseits zu drängen.
Der Genetisch-Statistische Ausschuss der Deutschen Gesellschaft für Züchtungskunde (DGfZ) hat sich intensiv mit dieser Problematik auseinandergesetzt und folgende Stellungnahme dazu publiziert:
Wie sieht unsere aktuelle Milchviehzucht und -haltung aus? Wo brauchen wir zukunftsweisende Veränderungen? Welche Vorteile und welche Nachteile entstehen bei unterschiedlichen Strategien? Viele Fragen auf die die DGfZ-Projektgruppe Zukunft gesunde Milchkuh
in ihrem Positionspapier antworten liefert.
Die Projektgruppe der Deutsche Gesellschaft für Züchtungskunde Zukunft gesunde Milchkuh
hat ihr Positionspapier Zukunftsfähige Konzepte für die Zucht und Haltung von Milchvieh im Sinne von Tierschutz, Ökologie und Ökonomie
veröffentlicht, an dem Landwirte, Wissenschaftler, Züchter und Tierärzte mitgewirkt haben. Das Papier zeigt Strategien für die Zucht, Haltung und Fütterung sowie das dazugehörige Management für eine zukunftsfähige Milchviehhaltung auf. Dabei wurden Möglichkeiten und Grenzen von Maßnahmen wissenschaftlich fundiert erörtert, denn nicht jeder Wunsch
der Gesellschaft ist unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen der Produktion umsetzbar. Bestehende Zielkonflikte haben darüber hinaus einen entscheidenden Einfluss darauf, welche betriebsindividuellen Entscheidungen der Landwirt treffen muss. Dies deutlich zu kommunizieren, ist ein Grundbaustein für die Akzeptanz der zukünftigen Milchviehhaltung in Deutschland.
Die Nutztierhaltung spielt zur Bewältigung globaler Herausforderungen wie der Ernährungssicherung und des Klimawandels eine große Rolle. Die Leistung der Nutztiere, Wechselwirkungen zwischen Leistung und Tiergesundheit sowie die Nutzungsdauer der Tiere sorgen immer wieder für gesellschaftliche Diskussionen und leider auch viel zu oft für negative Schlagzeilen, die eine ganze Berufsgruppe diskreditieren und die Verbraucher verunsichern. Die derzeitige große Herausforderung für Wissenschaft, Praxis und Beratung besteht darin, die aktuellen Tierhaltungssysteme so weiterzuentwickeln, dass die Aspekte der Tiergesundheit, der Leistungsfähigkeit, der Ökologie, der Ökonomie und der in der Landwirtschaft arbeitenden Menschen mit dem Ziel der gesellschaftlichen Akzeptanz bestmöglich in Einklang gebracht werden. Dabei müssen die Aspekte interdisziplinär betrachtet und bewertet werden.
Schwerpunkte des Positionspapieres:
Unterteilt sind die Maßnahmen auf die Gebiete
Zucht
Fütterung
Haltung und Management
Zum Positionspapier als pdf:
In der Stellungnahme des Fachbeirats Tiergenetische Ressourcen zu Stand, Probleme und Handlungsbedarf bei Erhaltungszuchtprogrammen für einheimische vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen wurde klar zum Ausdruck gebracht, dass das vorrangige Ziel in Erhaltungszuchtprogrammen zwar darin besteht, die Rassen mit ihren ursprünglichen Eigenschaften zu erhalten aber auch Raum für Selektion bleiben muss. Die Verbesserung wirtschaftlich bedeutender Merkmale, verbunden mit der Haltung der Tiere unter ursprünglichen Nutzungsbedingungen, ist durchaus sinnvoll, um die Chancen der Nutzung einer Rasse zu verbessern und ihre wirtschaftliche Unterlegenheit ohne Selektion nicht noch größer werden zu lassen.
In den letzten Jahren sind immer mehr Einzelgeneffekte bei unseren landwirtschaftlichen Nutztieren bekannt geworden, die es ermöglichen, in nur wenigen Generationen auf die gewünschten Allele zu züchten. Hierzu gehören z.B. die Hornlosigkeit bei Rindern, die Stressresistenz bei Schweinen und der Zusammenhang zwischen der PrP-Genotypisierung und der Empfänglichkeit für Scrapie bei Schafen und Ziegen. Für die genannten Einzelgeneffekte stehen direkte Gentests zur Verfügung, die auch die Erkennung von Trägertieren der gewünschten bzw. unerwünschten Allele ermöglichen. In Erhaltungszuchtprogrammen muss die züchterische Berücksichtigung solcher Einzelgeneffekte sehr vorsichtig und mit Bedacht geplant werden, um die Erhaltung der Rasse in Bezug auf Inzucht und genetische Variabilität nicht zu gefährden.
In dieser Empfehlung sollen Hinweise für den Umgang mit Einzelgeneffekten in Erhaltungszuchtprogrammen gegeben werden.
Zur Stellungnahme:
Zoos und Tierparks können bei der ex-situ in-vivo Erhaltung gefährdeter, einheimischer Nutztierrassen einen wichtigen Beitrag für die Erhaltung tiergenetischer Ressourcen leisten. In der Zoo-Studie
der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung und des Verbands der Zoologischen Gärten e.V. wurde der Tierbestand einheimischer Nutztierrassen in allen 54 deutschen Mitglieds-Zoos des Verbands der Zoologischen Gärten e.V.(VdZ) erhoben.
Ausgehend von den Ergebnissen der Zoo-Studie hat der Fachbeirat Tiergenetische Ressourcen - ein Arbeitsgremium der DGfZ - eine eigene Stellungnahme erstellt.
Zur Stellungnahme als pdf:
Das Monitoring der Bestandsgrößen einheimischer Nutztierrassen ist ein Hauptelement des Nationalen Fachprogramms zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung von tiergenetischen Ressourcen. Dieses findet derzeit auf freiwilliger Basis statt, obwohl schon nach dem Tierzuchtgesetz von 2006 das Monitoring als eine hoheitliche Aufgabe der Länder vorgesehen ist.
Zur hoheitlichen Durchführung fehlt aber noch eine Rechtsverordnung des Bundesministeriums, mit der Art und dem Umfang der zu erhebenden Angaben für das Monitoring festgelegt werden. Bisher ist vom Erlass der Bundesverordnung abgesehen worden, weil insbesondere noch fachlich geklärt werden musste, nach welcher Methode die populationsgenetische Kennzahl der Gefährdung berechnet werden sollte und welche Angaben aus den Zuchtbüchern dementsprechend benötigt würden. Seither sind im Rahmen wissenschaftlicher Arbeiten und auch durch Erhebungsvorhaben des BMEL bei verschiedenen Nutztierarten Zuchtbuchdaten erhoben worden und jeweils verschiedene Methoden zur Berechnung der Gefährdungskriterien erprobt und verglichen worden. Der Fachbeirat hat diese Arbeiten und Ergebnisse wiederholt diskutiert und ist zu dem Ergebnis gekommen, jetzt die Einführung eines rechtsverbindlichen Monitorings vorzuschlagen.
Lesen Sie die Stellungnahme des Fachbeirats Tiergenetische Ressourcen hier: Stellungnahme des Fachbeirats Tiergenetische Ressourcen zur Einführung eines rechtsverbindlichen Monitorings über tiergenetische Ressourcen
Die Erhaltung der Tiergenetischen Ressourcen landwirtschaftlicher Nutztiere ist spätestens durch das Übereinkommen zur Biologischen Vielfalt zu einer nationalen Aufgabe geworden. Seitdem haben Bund und Länder Vorkehrungen für den Erhalt bedrohter Nutztierrassen getroffen und wenden dazu insbesondere Fördermittel zur Erhaltung solcher Rassen auf.
Vergangene Seuchenzüge haben vor Augen geführt, dass hierdurch ─ und nicht zuletzt auch durch die Maßnahmen zur Eindämmung und Bekämpfung der Seuchen ─ auch besonders seltene und wertvolle Tierbestände unwiederbringlich verloren gehen und damit auch langfristige Bemühungen um den Erhalt bedrohter Rassen nutzlos werden können.
Bereits das von Bund und Ländern verabschiedete Nationale Fachprogramm zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung tiergenetischer Ressourcen in Deutschland aus dem Jahr 2003 hat daher die Implementierung spezieller Maßnahmenpläne für tiergenetische Ressourcen vorgeschlagen. Der Fachbeirat für Tiergenetische Ressourcen hat dementsprechend mit Fachleuten aus Behörden, Wissenschaft und Verbänden diskutiert und eine Stellungnahme zu Maßnahmen zur Vorsorge sowie im akuten Seuchenfall erarbeitet.
Lesen Sie die Stellungnahme hier: Stellungnahme FBR TGR: Tiergenetische Ressourcen und Tierseuchen – Handlungsbedarf für Maßnahmen zur Vorsorge sowie im akuten Seuchenfall
Neue, häufig unter dem Begriff Gen-Editing oder Genomchirurgie zusammengefasste Methoden revolutionieren derzeit die molekularbiologische Forschung. Als Mittler zwischen Wissenschaft und Praxis hat sich die DGfZ mit diesem Thema intensiv beschäftigt und in Folge eines Experten-Workshops im Dezember 2015 die Methoden des Gen-Editings im Rahmen einer Stellungnahme erläutert sowie mögliche Anwendungen bei Nutztieren aufgezeigt.
Die Stellungnahme ist bereits in der aktuellen Ausgabe 3/2016 der Züchtungskunde publiziert.
Die Grundlage der neuen Züchtungstechnik ist ein bakterielles Enzym namens Cas9. Verfahren wie CRISPR-Cas9 ermöglichen überraschend einfache Eingriffe zur kontrollierten Veränderung im Erbgut, die effizienter sind als die bisher verfügbaren Methoden. Gene können ausgeschaltet, defekte durch intakte DNA-Teile ersetzt oder neue Gensequenzen eingefügt werden. Es werden nach Einschätzung der Zentralen Kommission für Biologische Sicherheit (ZKBS) nur solche Mutationen herbeigeführt, wie sie gleichermaßen auch spontan oder nach Anwendung von Mutagenen auftreten könnten
. Dieses einfache und preisgünstige Verfahren ist nach Einschätzung des Fachjournals »Science« der wissenschaftliche Durchbruch des Jahres 2015.
DGfZ Stellungnahme Zum Gene Editing Long Version FINAL Druckversion